Ein Hauch von Schicksal Schlichtes Glück, purer Zufall – es gibt viele schwache Umschreibungen für eine Situation,
in der das schier Unglaubliche eintrifft. So geschehen bei Tom Schrage, als er über eine Internetauktion ein
druckfertiges Sieb ersteigert. Wobei es sich um eine Schablone aus dem Nachlass des von ihm innig verehrten
Vorbild, des amerikanischen Malers Ford Beckman (*1951), handelt. Dieser war 1991-1998 mit den „Pop Paintings“,
einer opulenten Serigraphie-Serie historischer Clown-Portraits, auf dem Zenith seines Erfolges. Und eines dieser
Siebe, belichtet mit dem begehrtesten Motiv, ein Pressefoto aus den 20er Jahren des amerikanischen Vaudeville-
Stars und späteren Stummfilmschauspielers Harry Langdon (inszeniert als Pagliaccio), findet nun Jahrzehnte
später den Weg nach Düsseldorf – ein betagtes, aber rüstiges Holzsieb, mit nur leichten Defekten, fragil, und
aufgrund des Alters nur noch mit einer geringen Lebenserwartung ausgestattet. Ein Gläubiger könnte nicht
ehrfürchtiger das Turiner Grabtuch in Händen halten, als Schrage diese Reliquie. Hin- und her gerissen zwischen
dem brennenden Wunsch, dieses Motiv seiner eigenen künstlerischen Interpretation zu unterziehen und dem
Wissen, dass jeder Druck das Sieb noch schneller dem natürlichen Ende näher bringt. Schrages Werkzyklus
„Ein Hauch von Schicksal“ beansprucht den Versuch, den Akteur Harry Langdon zunächst vorsichtig, aber mit
zunehmender Entschlossenheit, aus der Beckmanschen Bühne herauszulösen und in die Schrage-Welt zu
überführen. Daher ist das Konzept zunächst auf zwei Teile angelegt, wobei der erste im Frühjahr 2010
abgeschlossen wurde. Hier dominiert das Langdon-Portrait als Solist eine Reihe ganz unterschiedlich ausgeführter
Papierarbeiten, in denen durch Farbflächen, Sprüh- und Collageelemente, aber auch andere Druckmotive die
vormals schlichte Hintergrundfläche in ein buntes Fantasy-Panoptikum verwandelt wird. Im zweiten Teil verliert
das Langdon-Portrait seine Alleinstellung und muss mit vielen anderen, auch bekannten Motiven auf großformatigen
Leinwänden interagieren, sich sogar unterordnen. Mag es dem Umstand des indirekten Zusammentreffens mit
dem künstlerischen Vorbild Beckman geschuldet sein, dass Schrage in der Darstellung, aber auch in der Aussage
diesen Werkes subtilere Töne anschlägt. Der lockeren Unverfrorenheit anderer Werkzyklen weicht eine
konzentrierte Aufmerksamkeit, die durch weiche Farben und transparente Malerei einen zärtlichen Unterton
durchschwingen lässt. Die des Schöpfers für sein Werk? Vielleicht hat der kleine Junge hinter dem Sofa verstanden,
was es bedeutet, für ein ganzes Universum verantwortlich zu sein.
Katalogtext von Melanie Schwarzer zur Serie "Beyond flesh & blood"
für die Einzelausstellung "POP ART RELOADED"
im Frankfurter KunstBlock FKB aus dem Jahr 2010
Previsualisierung I
2009
Serigraphie, Acryl, Lack, Graphit und Collage auf Bütten auf Holz
90 x 65 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung II
2009
Serigraphie, Acryl und Lack auf Bütten auf Holz
90 x 65 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung III
2009
Serigraphie, Acryl, Lack, Graphit und Collage auf Bütten auf Holz
90 x 65 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung IV
2009
Serigraphie, Acryl und Collage auf Bütten auf Holz
90 x 65 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung V
2009
Serigraphie, Acryl und Lack auf Bütten auf Holz
118 x 89,5 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung VI
2009
Serigraphie, Acryl und Collage auf Bütten auf Holz
90 x 65 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung VII
2009
Serigraphie, Acryl, Graphit und Lack auf Bütten auf Holz
90 x 67 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung IX
2009 - 2010
Serigraphie, Acryl und Lack auf Bütten auf Holz
118 x 89,5 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung X
2009 - 2010
Serigraphie, Acryl und Radierung auf Bütten auf Holz
97 x 74 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Previsualisierung XI
2009 - 2010
Serigraphie, Acryl, Lack und Comicseiten auf Bütten auf Holz
118 x 89,5 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
An fragwürdigen Tagen
2009 - 2010
Serigraphie und Acryl auf Leinwand auf Holz
150 x 150 cm
Verso signiert, datiert und betitelt
Die Ballade des verlorenen Morgens
2009 - 2010
Serigraphie, Acryl und Lack auf Leinwand auf Holz
235 x 160 cm
Verso signiert, datiert und betitelt